Geschichte

Der Lustgarten ist die älteste Gartenanlage in Potsdam. Er entstand als Garten in Zusammenhang des späteren Stadtschlosses und wurde 1589 erstmals urkundlich erwähnt. Der älteste Plan zeigt auf einer dreieckigen Fläche an der Havel einen Renaissancegarten, der zu dem 1598/99 erbauten Schloss der Kurfürstin Katharina gehörte, aus dem später der Lustgartenflügel des Stadtschlosses hervorging. Der Lustgarten war Teil eines Ensembles aus Stadtschloss, Altem Markt und Havelufer, das sich im Laufe von 300 Jahren bildete. Er stellte einerseits aus gartenpraktischen Notwendigkeiten einen eingefriedeten Raum dar,  war aber durch die transparenten Kolonnaden (1744 ff.) mit dem Stadt- und Landschaftsraum optisch eng verbunden. Seine Hauptachse bildete die Verlängerung der Hauptachse des Schlosses bis zur Havel und zum Brauhausberg. Im Norden bildete der langgestreckte Marstall eine Abgrenzung zur Stadt. Der Lustgarten war der Anfang des Gartenreichs Potsdam. Er war der Anfang dessen, was Potsdam später berühmt machen sollte.

Unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg wurde der Lustgarten ab 1660 nach Süden und Westen erweitert und durch Aufschüttungen am Fluss in eine rechteckige Form gebracht. Es wird vermutet, dass hierbei der Statthalter Johann Moritz von Nassau-Siegen mitwirkte, der den Kurfürsten auch in Bau- und Gartenfragen beriet.  Nach Norden und Westen schützte eine Mauer den Garten, nach Süden und Westen war er offen zu Havel. Der Garten bestand aus drei Teilen. Am Schloss lag ein Broderieparterre, westlich davon ein Nutzgarten für Obst und Gemüse und im Südwesten ein Boskett mit einem Bassin in der Mitte. Auf der anderen Seite der Havel wurde ein sechsstrahliger Wegestern im Tiergarten angelegt. Hier war der zehnstrahlige Achsenstern Vorbild, den Johann Moritz 1665 bei Kleve geschaffen hatte. Eine der Achsen zielt auf das Stadtschloss. Eine weitere Sichtachse ging von der Westfassade des Schlosses auf den heutigen Ehrenpfortenberg. Sie wurde wahrscheinlich 1668 mit Eichen bepflanzt. Es ist die heutige Breite Straße. Für die nicht winterharten Pflanzen, z.B. die Orangenbäumchen ließ der Kurfürst 1685 das „Pomeranzenhaus“ erbauen, den späteren Marstall, der heute als Filmmuseum genutzt wird.[1]

Unter Friedrich I. erfolgte ab ca. 1695 eine erneute Umgestaltung und Erweiterung- ein Quantensprung. Der Potsdamer Lustgarten wurde  Es entstand bis 1713 der erste Barockgarten im Deutschen Reich, der zu den holländischen Grundzügen italienische und eben auch französische Vorbilder in Potsdam einführte. Unmittelbar vor dem Schloss entstand erstmalig in Deutschland ein Garten, der unmittelbar Motive des Garten von Versailles als Vorbild nahm. Der seit 1699/1700 in Potsdam tätige Hugenotte Jean de Bodt, Erbauer des Fortunaportals und erster Potsdamer „Direktor der Schlösser und Gärten“ hatte Versailles und die großen französischen Vorbilder in seiner Geburtsstadt Paris in Erinnerung.

Lustgarten vom Brauhausberg 1796

 Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ die vorderen, sehr pflegeaufwändigen Blumen-Parterres als Exerzierplatz einebnen. Die übrigen Gartenteile blieben erhalten. Sein Sohn Friedrich II. gestaltete die verbliebenen südlichen Gartenteile mit großem finanziellen Aufwand (insgesamt 90.458 Reichstaler ohne die Kolonnaden) weiter aus. Das Havelufer wurde mit massiven Mauern und Balustraden versehen, auf denen Putten und Vasen standen. Das Hafenbecken erhielt ebenfalls eine steinerne Einfassung, ringsum vergoldete Vasen und in der Mitte eine vergoldete Neptungruppe. Außerdem wurde 1744 eine heute nicht mehr vorhandene neue Orangerie erbaut, da das Pomeranzenhaus jetzt als Marstall diente. Das Boskett wurde durch Treillagen sowie zahlreiche Plastiken aus Marmor und vergoldetem Blei geschmückt, außerdem standen die Pomeranzenbäume in dem größten Boskettsaal. Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff gab dem Lustgarten 1745/46 durch Errichtung zweier Kolonnaden auf beiden Seiten des Schlosses einen transparenten räumlichen Abschluss zur Stadt und zur Havel: die Havelkolonnade. Und die Ringerkolonnade, die den Garten zwischen Marstall (Filmmuseum) fasste (wegen der darin aufgestellten Skulpturengruppen hießen sie die Ringer- und die Fechterkolonnade.[3])

Lustgarten 1798
Die aufwändigen Anlagen Friedrichs II. wollten im 19. Jahrhundert nicht mehr erhalten werden. Um 1800 erfolgten erste Vereinfachungen und landschaftliche Umgestaltungen durch Johann August Eyserbeck, und am Neptunbecken wurden Säulenpappeln gepflanzt. 1819 erfolgten weitere landschaftliche Umgestaltungen im Boskett nach Plänen des damaligen Gärtnergesellen Peter Joseph Lenné. Die Hauptalleen blieben aber erhalten.[4]

Lustgarten 1840
 
Der Bau der Potsdam-Magdeburger-Eisenbahn 1846 drohte den Lustgarten zu beeinträchtigen. Friedrich Wilhelm IV. gab jedoch schließlich seinen Widerstand auf, und die Bahn wurde auf eonem niedrigen Damm am Südrand des Gartens einlang geführt, da eine Streckenführung über den Tornow nicht finanzierbar war. 1885 stellte
Kaiser Wilhelm I. ein Bronzestandbild Friedrich Wilhelms I. von Carl Hilgers gegenüber dem Marstall an der Nordseite des Lustgartens auf. Vermutlich 1886 wurden die Säulenpappeln am Neptunbecken durch Säuleneichen ersetzt. Nach dem Bau einer neuen Eisenbahnbrücke über die Havel 1903 wurde der Bahndamm erhöht. Seitdem riegelt der Bahndamm den Lustgarten räumlich von dem Fluss ab. Der Verbindungskanal zwischen Havel und Neptunbecken bestand bis zu dessen Zuschüttung.[5] In dieser Form bestand der Lustgarten bis 1945 nahezu unverändert.


Lustgarten 1927
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte wie in vielen Schlossgärten der DDR der Bau eines Sportstadions im Boskett. Das unbeschädigte Denkmal Friedrich Wilhelms I. wurde demontiert und 1950 auf Anordnung der Brandenburgischen Landesregierung als Buntmetallschrott zusammen mit anderen Potsdamer Bronzestandbildern eingeschmolzen.[6]

Schloss und Lustgarten 1960
Im Jahre 1960 kam es auf Initiative der SED im Zusammenhang mit der geplanten aber nur teilweise realisierten Errichtung eines Karl-Liebknecht-Forums innerhalb des neuen sozialistischen Stadtzentrums zu weiteren einschneidenden Veränderungen. Das schmiedeeiserne klassizistische Gitter, das den Lustgarten nach Westen abschloss, wurde entfernt und später eingeschmolzen, das noch erhaltene Neptunbassin mitsamt der wenig beschädigten Neptungruppe zugeschüttet, die von 1932-36 in Sandstein nach den historischen Vorbildern umgesetzte barocke Großplastik wurde zerschlagen und die Reste vergraben.
1959/60 wurde der Bezugspunkt, das ausgebrannte Stadtschloss gesprengt.[7] In den Jahren 1966 bis 1969 erfolgte der Bau des Interhotels (heute Hotel Mercure) im ehemaligen Broderieparterre. Ein wenig beschädigter Teil der Ringerkolonnaden und ein Giebelrelief, Kapitelle und Putti des Schlosses fanden 1970 am unmittelbar angrenzenden, neu errichteten Hafen ihren Platz. 1976-83 entstand im Bereich des Neptunbeckens die Gartenanlage "Liebknecht-Forum" mit der Plastik "Herz und Flamme der Revolution" von Theo Balden.

1990 beschloss die nach 58 Jahren erstmalig wieder demokratisch gewählte Stadtverordnetenversammlung als Ziel für die zukünftige stadtplanerische Entwicklung die „Behutsame Annäherung an das historisch gewachsene Stadtbild“.

1999 wurden damals noch politisch breit unterstützt die Weichen für den Wiederaufbau des Fortunaportals gestellt – allerdings ausdrücklich ohne Beteiligung der öffentlichen Hand. Überraschend schnell gelang durch bürgerschaftliches Engagement und mit den Mitteln und Möglichkeiten von Günther Jauch der Wiederaufbau auf höchstem denkmalpflegerischen Niveau.
2001 wurden im Rahmen der BUGA unter dem Motto „Orte am Wasser“ auch für den Lustgarten die ersten Ergebnisse sichtbar. Das „Ernst-Thälmann-Stadion“ wurde ab 1999 abgetragen- die Funde in den Stadion-Wällen waren eine archäologische Sensation, fanden sich doch wertvolle Spolien u.a. des Stadtschlosses, die in einer Ausstellung im BuGa Jahr im Alten Rathaus präsentiert werden konnten („Minervas Mythos“).

Neuer Lustgarten  Dietz/Joppien 2001
 Der Lustgarten wurde als Ergebnis eines internationalen Wettbewerbs nach den Plänen des Büros Dietz Joppien neu gestaltet: eine ganz eigene künstlerische Lösung, eine Paraphrase, eine Umschreibung der langen und vielfältigen Geschichte des Lustgartens mit den Mitteln moderner Garten- und Landschaftsplanung. Vorgesehen war immer die komplette Freilegung des Neptunbassins, was aber nur zu einem kleinen Teil verwirklicht werden konnte.

Lustgarten nach der Planung von Dietz/Joppien