Beabsichtigter Neubau für
die Weiße Flotte im Lustgarten/ Potsdam
vom Präsident:
der Deutschen Gesellschaft für Gartenkubst und Landschaftskultur e.V.
Dr. Klaus von Krosigk
Sehr geehrter Herr Beigeordneter,
lieber Herr Klipp,
heute ist es an mir, mich für Ihren ausgesprochen
langen und für mich doch auch sehr informativen Brief in Angelegenheiten
Potsdamer Lustgarten zu bedanken.
Auch mir ist klar, dass das hier in Rede stehende
Problem durchaus vielschichtig ist und die Politik verständlicherweise
Rücksicht auf mancherlei Entwicklung nehmen muss, die dem „normalen Bürger“
erst einmal nicht einsichtig sind. Ich denke im übrigen, dass es auch in
Potsdam nicht anders ist, wie in mancher anderen vergleichbaren Kommune, das
heißt, dass man in zwanzig Jahren Entwicklung seit der Wende Entscheidungen
getroffen hat, die seinerzeit sehr vernünftig klangen, inzwischen aber auf den
Prüfstand gestellt werden müssen, von denen man allerdings heute nur noch unter
großen Problemen wieder weg kommt.
Dennoch, da auch ich mich einem großen Kreis von
Fachleuten und interessierten Denkmalpflegern sowie Garten –und Landschaftsarchitekten,
aber auch Stadtplanern innerhalb meiner DGGL antwortpflichtig fühle, heute
nicht nur mein Dank für Ihre Beantwortungsmühen, sondern damit verbunden, doch
auch noch einmal einige konkrete Nachfragen und Anregungen.
Eingangs lassen Sie mich festhalten, dass die
Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) keineswegs
nur gartenhistorisch-gartendenkmalpflegerisch interessiert ist, sondern sie
sich traditionell auch und gerade für moderne Gartenkunst einsetzt, das heißt
im Potsdamer Lustgarten-Ensemble verbindet sich der gute neue Entwurf der
Kollegen Dietz Joppien mit erhaltenswerten Elementen aus der Geschichte.
Insofern kann vernachlässigt werden, dass der Garten kein Denkmal ist. Es geht
uns vor allem um den Schutz der Gartenkunst an sich vor Bebauungs- und ganz
offensichtlichen Vermarktungswünschen.
Die DGGL hat auch nichts gegen Ausflugsdampfer, im
Gegenteil, dies ist ein absolut legitimes Freizeitvergnügen vieler Bürger, dem
auch ich mich gerne anschließe! Es befremdet allerdings, dass nur die Schiffe
der Weißen Flotte Potsdam im Lustgarten anlegen dürfen und andere, etwa aus
Berlin, nicht. In Ihrem eingehenden Antwortschreiben versuchen Sie den Eindruck
zu erwecken, der von der Weißen Flotte gewünschte Bau wäre für den Betrieb
ihrer Schiffe notwendig, was ich überhaupt nicht verstehe, denn dazu bedürfte
es ja wohl nur eines kleinen Verkaufspavillons, wie ihn z.B. die Weißen Flotten
in Düsseldorf, Heidelberg, Dresden oder anderswo haben. Dass die Weiße Flotte
darüber hinaus ihre Büroräume im Lustgarten haben will, empfinden wir ebenso
als Zumutung wie Ihren Wunsch, ein Restaurantgebäude für eine Firma dort zu
bauen, die zwar zufälligerweise denselben Eigentümer hat, aber keine
Voraussetzung für den Betrieb der Weißen Flotte ist. Das von Ihnen erwähnte
Zelt dient nicht einmal teilweise der Schifffahrts-, sondern doch wohl
ausschließlich der Gastronomiefirma. Die Belange der Schifffahrt werden in dem
derzeitigen neuen Hafengebäude von Dietz Joppien erfüllt, welches als Anbau am
Hotel zusammen mit diesem zu 100%iger Sicherheit noch mindestens 10 Jahre
stehen wird. Ein umfangreiches Gastronomieangebot besteht darüber hinaus noch
längere Zeit im Hotel Mercure.
Soweit ich weiß, hat die Stadt das Grundstück mit
dem störenden Hotel, vormals „Eigentum des Volkes“, selbst privatisiert anstatt
es an SPSG zurück zu übertragen. Sie wäre daher m.E. auch in der Pflicht,
diesen gravierenden Fehler dann auch selbst zu korrigieren. Sie eröffnen indes
bisher leider keinerlei Perspektive, wie sie das Hotel entfernen wollen, ein
Hotel, das Sie ja auch selber an dieser empfindlichen Stelle als äußerst
störend empfinden. Derzeit kann ich aber keinerlei Handlungsbedarf erkennen,
ein vom Hotel abgekoppeltes Hafengebäude, noch weniger ein Restaurant mit
Büroräumen im Lustgarten zu errichten. Es wäre für mich interessant, zu
erfahren, warum Sie trotzdem eine "Erweiterung der Gastronomiefläche"
als erforderlich, oder in öffentlichem Interesse liegend betrachten.
Vom Neptunbecken fehlt zur Zeit nicht nur, wie Sie
angeben, im Norden ein Teil. Es fehlen im Norden vielmehr, ca. 10,5 m und im
Osten ca. 5,50 m. Damit die Neptungruppe wieder symmetrisch im Becken steht und
vor Übergriffen besser geschützt ist, ist die Wiederherstellung des Ufers im
Norden und Osten zwingend erforderlich. Durch das geplante Gebäude soll das
Ostufer des Beckens dagegen überbaut werden!
Die von Ihnen erwähnten, bei der Neugestaltung des
Lustgartens gepflanzten Pyramideneichen (16 Stück auf der Ostseite) sind
wesentlicher Bestandteil desselben. Ich verstehe nicht, wie Sie die Entfernung
von 8 Pyramiden-Eichen für das Restaurant rechtfertigen? Eine behauptete
abschottende Baumreihe am Wasser war nie vorhanden. Die Lindenreihe am Ufer
östlich des Beckens diente der Beschattung des Spazierganges. Da die Augen der
Spaziergänger sich gewöhnlich in einer Höhe von ca. 1,60 m befinden, hatten die
Kronen keinerlei abschottende Wirkung zur Havel wie das geplante Gebäude,
selbst wenn es Glasfassaden erhält. Die 1970 hier aufgestellte Kolonnade wurde
zur Buga 2001 stabilisiert. Mir ist nicht bekannt, inwieweit sie akut gefährdet
ist und Anlass zu einer "Notsicherung" besteht. Würden Sie das bitte
genauer erläutern? Wie möchten Sie ein dauerhaftes Verschwinden der
Kolonnade aus dem Stadtbild verhindern,
wenn Sie "Abtransport und
Einlagerung" durch die Weiße Flotte anstreben, aber keine Mittel zur
Neuaufstellung am historischen Standort haben? Weiter wäre es aufschlussreich,
von Ihnen zu erfahren, wie die Weiße Flotte ein solches Großbauwerk mit Pfahlgründung
auf Schwemmsand und komplett neu zu legender öffentlicher Erschließung und dazu
noch den denkmalgerechten Abbau und die Einlagerung der Kolonnade überhaupt
finanzieren will. Nach meiner Einschätzung wären hierzu Millionensummen
erforderlich, die durch ein weiteres Potsdamer Restaurant unter vielen
schwerlich wieder eingespielt werden können.
Der Standort des geplanten Restaurant- und
Bürogebäudes befindet sich im übrigen nicht, wie Sie behaupten, "soweit
als möglich im Süden." Er befindet sich vielmehr mit dem südlichen Flügel
zu nah am Becken und mit dem östlichen Flügel teils im alten Beckengrundriss,
teils auf dem Standort der Eichen. Der Gegenentwurf von Dietz Joppien hat
gezeigt, wo ein Gebäude mit dem gleichen Raumangebot stehen müsste, wenn es
"soweit als möglich im Süden" läge. Nach den mir vorliegenden
Informationen wurde dieser Entwurf von Ihnen wie von der Weißen Flotte
kategorisch zurückgewiesen.
Alles in allem, sehr geehrter Herr Klipp, sprechen
die vielen noch offenen Fragen, die ich hier lediglich auszugsweise formuliert
habe, vor allem aber die absolut inakzeptable Errichtung eines Büro- und
Gastronomiebetriebes zugunsten der Weißen Flotte auf dem Gelände des
Lustgartens dafür, noch einmal alle bisherigen Entscheidungen auf den Prüfstand
zu stellen und nach Lösungen zu suchen, die der Stadt Potsdam ein kostbares
städtebaulich-gartenhistorisches Juwel, ohne zerstörerische und banale
Einbauten, zurück gibt.
Gerade wenn man an den auch aus meiner Sicht
zwingend notwendigen Abriss des Hotel Mercure denkt, heißt das doch, dass man
hier in langen Zeiträumen denken muss, und es darum gehen müsste in einem
kurz-, mittel- und langfristigen städtebaulichen Konzept dieses Ziel zu
verfolgen.
In der Hoffnung für diesen angemahnten Denkprozess
einen kleine Beitrag geleistet zu haben, bin ich mit freundlichen Grüßen stets
Ihr
Dr. Ing. Klaus-Henning von Krosigk