Donnerstag, 28. Februar 2013

Lustgarten-Architekten wehren sich

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Quelle: PNN, Sabine Schickedanz, Grafik : Dietz, Joppien

Dietz Joppien üben Kritik an der Stadt und schlagen Ises-Trasse als Standort für den Flottenneubau vor
Innenstadt - Im Konflikt um den Neubau für die Weisse Flotte in Potsdams historischem Zentrum gerät die Stadtspitze um Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Baudezernent Matthias Klipp (Bündnisgrüne) zunehmend unter Druck: Das renommierte Architekturbüro Dietz Joppien Architekten AG, das 1997 den Wettbewerb für die Neugestaltung des Lustgartens zur Bundesgartenschau gewann, warnt Stadtspitze und Stadtverordnete eindringlich vor dem Neubau eines Gastronomie- und Verwaltungsgebäudes für die Weisse Flotte am Neptunbassin.
Damit stelle Potsdam das mit dem Stadtschloss weitgehend erreichte Ziel der Wiedergewinnung der historischen Mitte massiv infrage, schlagen die Architekten Alarm. Auch verstoße der Flotten-Neubau an diesem Ort gegen die Ziele des Wettbewerbs für den Lustgarten. Danach sollte die historische Freifläche ein moderner Ort am Wasser werden. Zudem würde die Stadt die Urheberrechte der Lustgarten-Architekten verletzen, heißt es in der Stellungnahme von Prof. Anett-Maud Joppien und Albert Dietz. Der Neubau würde eine „urheberrechtlich nicht erlaubte Änderung unseres Werks darstellen“ und „entstellend wirken“. Erlaubt seien nur Veränderungen, die dem Zweck des damals geschlossenen Architektenvertrags entsprechen. Davon könne bei dem geplanten Neubau am Neptunbassin keine Rede sein: Er breche den räumlichen Bezug des Lustgartens zur Havel und entstelle das Neptunbassin.
Wie ein Neubau möglich ist, ohne die historische Einheit von Stadtschloss und Lustgarten zu zerstören, wollen Dietz und Joppien mit ihrer Alternativplanung zeigen: Sie platzieren den Flotten-Neubau südlich des Lustgartens auf der Trasse der einst geplanten „Innerstädtischen Entlastungsstraße“ (Ises) am Bahndamm. Damit werde der in der Historie nie bebaute Lustgarten weiter von einer Bebauung freigehalten. Die Erschließung des Hinzenbergs und die Zufahrt zum Schiffsanleger seien – auch für die Feuerwehr – gewährleistet. Der Neubau biete genauso viel Platz wie der winkelförmige Bau am Neptunbassin. Ticketverkauf und Toiletten könnten bis zu einem Abriss des Mercure-Hotels im Hafengebäude bleiben und später dort in einem Pavillon untergebracht werden, so die Architekten.
Wie Stadtverwaltung und Stadtverordnete mit dem Dietz-Joppien-Vorschlag umgehen, ist offen. Bereits an diesem Mittwoch soll die Stadtverordnetenversammlung die endgültige Entscheidung über den Neubau fällen. Zuvor hatte am 16. Januar der Bauausschuss der Stadtverordnetenversammlung den Neubau am Neptunbassin abgelehnt. Stattdessen sollten „Standort und Baukubatur (…) gemeinsam mit dem Büro Dietz Joppien“ geprüft werden, so der Beschluss des Ausschusses. Wenige Tage später revidierte der Hauptausschuss dieses Votum. Eine Mehrheit aus SPD und CDU votierte für einen Kompromiss, bei dem die Wasserseite des Baus am Neptunbassin um 15 Meter gekürzt ist. Jetzt müssen sich die Fraktionen im Stadtparlament mit der neuen Variante von Dietz und Joppien auseinandersetzen.
Sie fühlten sich verpflichtet, die Öffentlichkeit vor der Stadtverordnetenversammlung über ihre Bedenken und den Alternativvorschlag zu informieren, heißt es in der Stellungnahme der Architekten. Es gehe ihnen darum, Verantwortung für die Stadt zu übernehmen und den Konflikt fair zu lösen. Die Stadtspitze hat Dietz und Joppien mit diesem Anliegen offensichtlich abblitzen lassen: Eine am 18. Januar mit der Stadt vereinbarte „gemeinsame Vorgehensweise zur Erreichung eines Kompromisses“ sei nicht wahrgenommen worden, schreiben die Architekten.
Um den Neubau für das einst städtische Unternehmen Weisse Flotte wird bereits seit sieben Jahren gerungen. Nie fand sich Unterstützung im Rathaus und bei den Fraktionen – bis im vergangenen Sommer Mäzen Hasso Plattner das Hotel Mercure kaufen und abreißen wollte. Weil die Weisse Flotte diesen kurz darauf gescheiterten Plänen im Wege stand, machte das Rathaus weitgehende Zugeständnisse.